Ausstellungsort: Oberösterreichischer Kunstverein Ursulinenhof
OÖ Kulturquartier, Linz
www.ooekunstverein.at
Eröffnung: 17.03. 2010
Ausstellungsdauer: 18. 03. 2010 – 14.04. 2010
lse Chlans „kontinuum“ schließt an eine Serie von Arbeiten an, die unter dem Titel „patterns of economic efficiency“ seit 2007 entstanden ist.
Ilse Chlan untersucht Strukturen und Muster „wirtschaftlicher Effizienz“: in der Nutzung von Räumen und der Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft bis hin zur Versklavung. Sie stellt historisch überlieferte Bilder und Muster solchen, die sie in der Gegenwart auffindet, gegenüber.
Ausgangsmaterial für die erste Serie dieses work in progress war eine Abbildung eines der ersten politischen Plakate der europäischen Geschichte, das nach der gesetzlichen Regulierung des Sklavenhandels in Großbritannien von Thomas Clarkson und seinen Mitstreitern im Komitee für die Beendigung des Sklavenhandels erstellt und in den 90er Jahren des 18. Jahrhunderts in Europa verbreitet wurde.
Dieses Bild zeigte die verschiedenen Decks der „Brookes“, eines der Schiffe, die für den Sklavenhandel eingesetzt wurden, mit der Anzahl von Menschen (454 Männer Frauen und Kinder), die nach dem damals, 1788 gerade erst erlassenen Gesetz für den Transport zugelassen waren. Der Raum auf dem Schiff wurde bis in die kleinsten Winkel hinein ausgenutzt. In Wirklichkeit transportierten die Brookes und andere Schiffe sogar mehr als 600 Sklaven.
In dieser Ausnutzung des Raumes und der rücksichtslosen Ausbeutung der Menschen sieht die Künstlerin verdeckte und gleichzeitig hoch wirksame Grundmuster der europäischen und heute globalisierten Wirtschaft. Die Nachwirkungen des jahrhundertelangen Sklavenhandels sind aktuell: der Reichtum Europas und die Armut in vielen afrikanischen Ländern, die Menschen heute dazu bringt, aus Afrika auf überfüllten Booten (wieder sind es Boote!) nach Europa zu flüchten.
Ein Bild aus der Geschichte trifft hier auf Bilder aus der aktuellen Berichterstattung. Die Geschichte stellt sich als Gegenwart mehrerer Zeiten in einer einzigen Zeit dar.
Margret Kohler-Heilingsetzer führte die Auseinandersetzung mit Meer, Strand und Gezeiten in ihren Fotografien und Grafiken zur Konfrontation mit den Schicksalen der ‚boat people‘ „zwischen einer abgeschnittenen Herkunft und einer unerreichbaren Zukunft“ und zur Thematik von Migration und Asylpolitik. „Margret Kohler-Heilingsetzer hat eine Arbeit geschaffen, die ihre Position zur Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik darstellt: Was beinahe täglich geschieht, ist unerträglich für die, die es ertragen müssen, es sollte daher auch unerträglich sein für die, die darum wissen.“ (Leonore Maurer) Die Künstlerin widmet sich in vielen ihrer projektbezogenen Arbeiten den Menschen, die außerhalb unserer scheinbar so gesicherten Welt stehen.
Heinrich Böll, Mitglied des Komitees ‚Cap Anamur‘, schrieb bereits 1981 über die ‚boat people‘: „Ich bin der Meinung, daß man Menschenleben retten soll, wo man sie retten kann. Und keine Institution, die Leben zu retten vermag, darf auf offener See Selektion betreiben. Das hieße ja, Menschen willkürlich zum Tode zu verurteilen“. (in: Der Spiegel, 19.10.1981). Aber die westliche Gesellschaft lässt bis heute den Traum der Anderen vom besseren Leben zerplatzen, zerstört ihn aus Angst um das eigene, bessere Leben.
Die Schiffsinstallationen mit hunderten von kleinen Terrakottaköpfen – ein work in progress-Projekt, angeregt durch Mexiko/Peru-Aufenthalte – begann die Künstlerin im Jahr 2006 in Wien (Künstlerhaus), setzte sie 2007 in der Künstlerstadt Gmünd/Kärnten und 2008, während der Oberösterreichischen Landesausstellung ‚Salzkammergut‘ in Gmunden/Kammerhofmuseen, fort. Das vier Meter lange Schiff aus Pappelholz, seit 2006 unterwegs, hat sich für Linz verändert, erweitert durch neue „Passagiere“/Terrakottaköpfe, jeder Kopf eine eigene Persönlichkeit mit individuell ausdrucksstarkem Gesicht für die Menge konzipiert; der Schiffskörper wurde zum Träger von Nachrichtenfragmenten aus Printmedien der letzten Jahre.
Das Schiff als Metapher für Flucht, Aufbruch und Illusion von einer besseren Zukunft, ist Ausgangspunkt für weitere Arbeiten im Bereich von Fotografie und Grafik, die in der Ausstellung gezeigt werden. Von den fast tausend Terrakottaköpfen entstanden Fotoserien, die seit 2009 (Grafik Triennale Kraków) druckgrafisch in Fotoalugrafien umgesetzt werden. Druckgrafik war immer schon ein Medium für politische und soziale Aussagen zum Zweck der Information und Emotionalisierung. Ähnlich dem ‚Kälteeinbruch‘-Volksgartenprojekt 2006 bevorzugt die Künstlerin die ‚inszenierte Fotografie‘. Ein Teil der neuen Symmetriedrucke entwickelte sich während ihrer Recherchen in den Printmedien aus Fotos der Tagespresse.