Die Stadt des Kindes 2005
Video-Triptychon
3-Kanal-Video, 23 min/ 46 min/ 23 min
Idee und Konzept, Recherche, Kamera, Produktion: Ilse Chlan. Recherche, Interviews: Elise Penzias
Die „Stadt des Kindes“ war ein Kinderheim, das in den 70er Jahren nach Plänen des Architekten Anton Schweighofer am Stadtrand von Wien errichtet wurde. Das Konzept für dieses Heim galt als überaus großzügig und revolutionär: Keine Schlafsäle, keine Mauern, keine Zäune, kein Portier, vielmehr eine zur Umgebung hin offene, durchlässige Anlage mit familienähnlichen Einheiten. Dazu gab es Einrichtungen, die auch den Bewohnern der Umgebung offen standen, Schwimmbad, Café, Töpferei, Theater, Ballettsaal, Kleintierzoo samt Voliere, Bibliothek, Turnsaal und Sportplätze wurden über 30 Jahre nicht nur von den Kindern in dem Heim, sondern auch von den Anrainern in Hadersdorf-Weidlingau genutzt. Die „Stadt des Kindes“ wollte sich einfügen in die demokratische Gesellschaft: Sicherheit und Durchlässigkeit zugleich gewähren, Geborgenheit und Offenheit, Erziehung in einer Gemeinschaft und Freiheit.
Im Jahr 2002 wurde das Heim geschlossen. Heute werden die Kinder in kleineren, dezentralen Einheiten, in Wohngemeinschaften betreut. Die Anlage, die baulich immer noch in einem guten Zustand war, stand jahrelang leer und wurde im „Gedankenjahr“ 2005 verkauft. Die ursprünglichen Wohneinheiten sollten danach zu Eigentumswohnungen umgebaut werden. Was ist aus der Utopie von gestern geworden?
Mit beschleunigtem Schritt werden die Räume durchmessen, mit verlangsamtem Blick den Spuren, den Geschichten nachgegangen.
Eine Begehung von zwei miteinander verbundenen Wohnhäusern, wo jeweils zehn Kinder und Jugendliche in familienähnlichen Wohngemeinschaften lebten. Alle Räume werden mit der Kamera abgeschritten und damit körperlich ausgemessen. Spuren der früheren Bewohner werden flüchtig sichtbar. Daraus ergibt sich eine ganz eigene Perspektive auf die Räume, die die Zeitlichkeit mit einbezieht. Video 1 zeigt die Begehung des linken Hauses, die Kamerabewegung erfolgt links herum, Video 3 zeigt das rechte Haus, Kamerabewegung rechts herum.
Video2, Ehemalige BewohnerInnen und SozialpädagogInnen sprechen über ihr Leben und ihre Arbeit in der Stadt des Kindes, Anrainer über ihre Besuche in der Stadt. Der Ort wird dabei zur Projektionsfläche für gesellschaftliche Veränderungen. Und er enthält Geschichten, Erinnerungen, die ihm buchstäblich an die Wände geschrieben wurden.